Die Urkunde Stollenbau
Ein Blick zurück - die Baubeschreibung
Der um 1150 in lateinischer Sprache aufgezeichnete Bericht über den Stollenbau findet sich im jüngeren Traditionsbuch des Salzburger Domkapitels und wird im Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien aufbewahrt.
„Wir, die Kanoniker, die am Bischofssitz von dem verstorbenen Erzbischof Konrad eingesetzt wurden1, dachten -- wie es die Notwendigkeit erforderte – über verschiedene nützliche Dinge für unser Kloster nach. Unter anderem begannen wir – wozu uns die größte Not zwang – über eine Wasserleitung zu verhandeln. Gemäß dem einmal gefassten Plan gingen wir an den Berg (Mönchsberg), an dessen Fuß wir wohnen, heran, nahmen einen Meister namens Albert um sechs Talente (Silber) jährlich samt Kost, Licht und allen anderen Erfordernissen in Dienst und begannen den Berg selbst zu durchbohren. Wir drangen so bis zu einer Tiefe von sieben Ellen vor und schlossen auf unsere Kosten an dieses Werk noch die fertiggestellte Wasserleitung über Land an. Voll Freude über den glücklichen Fortschritt des Werkes begaben sich Dompropst Hermann2 und Abt Balderich3 von St. Peter zu Erzbischof (Konrad) nach Admont4 und legten ihm den ganzen Hergang der Angelegenheit dar. Dieser, erfreut darüber, vereinbarte mit ihnen folgenden Plan: Dem Abte sollte der Bau in der Form übertragen werden, dass er dem Meister Kost, Beleuchtung, alle Werkzeuge und ein Talent reichen, die anderen fünf Talente aber von uns fordern sollte; das Wasser aber sollten wir wie Brüder gleichmäßig teilen. Als jene von dort zurückkehrten, richteten sie die Arbeit nach dem Rat des Erzbischofs ein. So wurde vier Jahre lang fleißig gewerkt. Während jene gerade an der Arbeit waren verschüttete ein Bergsturz einen Großteil ihres Werkes. Nicht wenig betroffen stellten sie die Arbeit ein und gaben dem Meister die Erlaubnis zum Abzug. Der Meister aber verlangte von uns das Geld, das er schon vier Jahre hindurch verdient hatte, wovon ihm Erzbischof Konrad acht Talente für uns bezahlte. Die übrigen zwölf Talente ließ der Meister uns auf göttliche Eingebung hin nach, unter der Bedingung, dass er selbst im Falle des Todes seiner Frau in unserer Gemeinschaft aufgenommen werde5, falls er selbst aber stürbe, seine überlebende Frau von derselben Gemeinschaft erhalten werde. Nach dem Bergsturz gab der vorgenannte Abt im Zweifel an der Vollendung des Werkes alles an seine Auftraggeber zurück und verzichtete auf jegliche Nutzung; zugleich erlegte er zehn Talente, damit er nach dem Abschluss der Arbeit so viel Wasser erhalte, wie er durch eine Röhrenleitung zu seiner Waschhütte führen wollte. Wir aber nahmen den Meister neuerlich in Dienst, schritten unter großer Mühe an die Bergarbeit und erblickten als wir vierzig Ellen weitergegraben hatten, freudig das Licht von der anderen Seite. Nachdem wir schließlich den Berg durchbohrt und die Wasserleitung über Land fertiggestellt hatten, zerstörten die Leute des Abtes in einer Nacht grundlos das, was wir mit großer Mühe geschaffen hatten. Aus Rücksicht auf die brüderliche Liebe täuschten wir vor, über dieses Unrecht hinwegzusehen, schufen in neuerlicher Arbeit eine neue Wasserleitung und stützten darüber hinaus lange Zeit hindurch den Berg durch ein Gewölbe.
Inzwischen wurde Herr Heinrich6 Dompropst und schlug - ohne irgendeinen Domherren zu befragen - dem Abt Heinrich7 zur Instandhaltung des Werkes vor, dass dieser entweder die Wasserleitung zu Lande oder den Stollen durch den Berg auf seine Kosten erhalten und dafür denselben Anteil am Wassernutzen wie wir genießen sollte. Dieser wählte aus Furcht vor dem gefährlichen Berg und der Finsternis der ewigen Nacht die Arbeit bei Tageslicht auf freiem Feld und übernahm es, die offene Wasserleitung auf seine Kosten zu erhalten. Nachdem er diese Aufgabe übernommen hatte, riss Nachlässigkeit ein, er brachte kaum etwas weiter; und da so lange niemand auf dem Land arbeitete, lag ein derart großes Werk ohne Nutzen da. Nachdem aber Herr Hugo8 die Leitung unserer Kirche übernommen und die ganze Wahrheit über diese Angelegenheit erfahren hatte, mahnte er auf Bitten und Zureden der Brüder den Abt Heinrich wiederholt an die Einhaltung des Bauvertrages, dass er entweder das übernommene Werk vollende oder es zu Fertigstellung an uns zurückgebe. Da aber jener den Bau weder vollenden noch abtreten wollte, stellten wir – da wir auf die Nutzung des Wassers nicht verzichten wollten und zuerst mit diesem Werk begonnen hatten- an jenem Ort, wo ein arger Sumpf9 das größte Hindernis für den Bau bildete, die Wasserleitung in ausgeklügelter Form um 40 Talente dauerhaft her, obwohl es nicht Teil unseres Vertrags war. Jetzt endlich schritt der vorgenannte Abt ohne uns zu befragen ans Werk und vollendete, indem er sich an unseren Arbeiten beteiligte, den restlichen Teil der Wasserleitung. Wir ertrugen das geduldig, sahen aber bei dieser Arbeit wenig Eifer. Da nämlich die Hörigen, denen der Schutz dieses Werk anvertraut ist, nachlässig arbeiten, wird die Wasserleitung durch Unterspülung häufig unterbrochen und muss von uns der Not gehorchend oft ausgebessert werden.
Das haben wir deshalb auf das vorliegende Blatt geschrieben, damit alle unsere Nachfolger erfahren, auf welcher Vertragsbasis dieses Werk bisher ausgeführt und vollendet wurde, damit wir, falls – was Gott verhüten möge – vielleicht ein Streit unter uns über diesen Bau ausbrechen sollte, auf die Wahrheit, die Gerechtigkeit und das Zeugnis dieser Aufzeichnung gestützt nur das erlangen, was die Gerechtigkeit erfordert.“
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- Erzbischof Konrad I. aus dem Geschlecht der fränkischen Grafen von Abenberg regierte 1106 - 1147; er wandelte das adelige Salzburger Domkapitel 1121 in ein Stift der Augustiner Chorherren um.
- Hermann war 1122 – 1137 Dompropst in Salzburg.
- Balderich war 1125 – 1147 Abt von St. Peter.
- Erzbischof Konrad I. hat sich im Februar 1137 in Admont aufgehalten.
- Albert, der vorher wohl als Baumeister an dem 1127 durch Brand beschädigten Salzburger Dom tätig war, wurde später wirklich als Konverse (Laienbruder) in das Domkapitel aufgenommen und ist in dessen Totenbuch am 28. Februar eingetragen: Albertus c(onversu)s et fr(ater) n(oster), qui fecit aqueductumper montem.
- Dompropst Heinrich leitete 1146 – 1167 das Salzburger Domkapitel.
- Heinrich war von 1147 – 1151 Abt von St. Peter und avancierte dann zum Bischof von Gurk.
- Hugo war zuerst Domherr, dann 1142 – 1151 Propst von Berchtesgaden und 1151 – 1167 Dompropst in Salzburg.
- Es ging dabei um die Überbrückung des ausgedehnten Untersberger Moores, dessen Reste noch im Leopoldskroner Moos vorhanden sind.